Montag, 28. Dezember 2009

Frage ohne Antwort

CDU-Innenexperte Bosbach und Polizeigewerkschaften fordern bessere Kontrollen auf Flughäfen (Quelle: Spiegel Online). Wie könnten die aussehen?

Um noch einmal auf die Definition des Risikobegriffs zurückzukommen: Die Wahrscheinlichkeit (P) kann sich durch das Zusammentreffen mehrerer verschiedener Komponenten potenzieren.

1. Lt. web.de (mit Bezug auf die Anklageschrift) hat der Nigerianer Umar Faruk Abdulmutallab den Sprengstoff in einem Kondom an Bord einer amerikanischen Fluggesellschaft geschmuggelt.

2. Ein aus Nigeria stammender Passagier hatte sich am Sonntag über einer Stunde auf der Bordtoilette einer amerikanischen Fluggesellschaft eingeschlossen und zu randalieren begonnen, als er zur Rückkehr zu seinem Sitz aufgefordert wurde. Der Pilot habe daraufhin kurz vor der Landung von der Bodenkontrolle Notfallhilfe angefordert.

3. Der Schweizer Zoll hat auf dem Flughafen Basel- Mülhausen anfang Mitte Oktober '09 einen Nigerianer mit 1165 Gramm Kokain im Magen gefasst. Der Mann war dem Grenzpersonal am Flughafen aufgefallen und kontrolliert worden. Grenzwächter stellten schließlich fest, dass er in seinem Magen so genannte Fingerlinge hatte.

Demnach könnte man verschiedene Risikokomponenten definieren, die eine Röntgenuntersuchung von Nigerianern die nach Amerika fliegen wollen sinnvoll erscheinen lassen. Das wird natürlich nicht passieren, denn wie Dagobert Lindlau bereits 2002 im Spiegel schrieb, wäre solche Maßnahme nicht politisch korrekt. Also müssten alle Passagiere geröntgt werden. Dadurch würde sich aber durch die Strahlenexposition das Risiko verschieben, nicht mehr die Bombe wäre das Problem, sondern eine mögliche Krebserkrankung. Man könnte jedoch eine endoskopische Untersuchung vornehmen. Aber wenn bereits die sogenannten "Nacktscanner" menschenunwürdig sind, ist die Nachschau in Körperöffnungen auch keine Option. Die Frage ohne Antwort ist folglich: Wieso werden japanischen Touristen 200gr. Pfälzer Leberwurst aus dem Handgepäck bei der Passagierkontrolle abgenommen, wenn Terroristen ohne Probleme 1kg Plastiksprengstoff im Darm an Bord bringen können?

Sonntag, 27. Dezember 2009

Umar Faruk Abdulmutallab wollte auf dem Flug von Amsterdam nach New York einen Sprengsatz zünden. Erste Erkenntnis: Selbst wenn es glückt Sprengstoff an Bord einer Linienmaschine zu schmuggeln bedeutet das nicht, dass es auch gelingt die Maschine zum Absturz zu bringen, Richard Reid, besser bekannt als der Schuhbomber, ist es ebenso wenig geglückt.

Zweite Erkenntnis: Dem United States Department of Homeland Security ist es mit seinem 200.000 Mitarbeiter und einem Budget von 52,000,000,00.00 US Dollar nicht gelungen diesen Anschlag zu vereiteln - und das, obwohl der Vater von Abdulmutallab die US-Botschaft in der nigerianischen Hauptstadt Abuja alarmiert haben soll. (Quelle: Tagesschau) Eigenartig: Wie inzwischen bekannt wurde, ist dem terrorverdächtigen Mann wegen Sicherheitsbedenken die Einreise nach Großbritannien verweigert worden.

Dritte Erkenntnis: Nachdem die Kontrollen versagt haben werden sie nicht abgeschafft sondern verschärft. Das ist so sinnhaft wie nach einem Unfall mit 60 km/h in einer Tempo 30 Zone die Geschwindigkeit auf 20 km/h zu begrenzen. Trotzdem müssen auf Anordnung von US-Behörden Passagiere während des Fluges in der letzten Stunde vor der Landung in den USA sitzen bleiben und dürfen keine persönlichen Gegenstände mehr auf ihrem Schoß haben. Wobei sich mir verschließt, wieso eine Explosion 65 Minuten besser sein soll als 55 Minuten vor der Landung. Fakt ist, Fliegen wird noch zeitaufwendiger.

Interessant wäre in einem Feldversuch festzustellen, ob es nicht schneller ginge, wenn man anstatt der offensichtlich nutzlosen Passagierkontrollen das Prinzip einiger Kernkraftwerke zu nutzen. Dann müsste man sich in einer Umkleidekabine komplett entkleiden um anschließend in durch die Fluggesellschaft herausgegebene Unterwäsche und Overalls zu schlüpfen. Die persönliche Kleidung käme in einen zu verplombten Sack und wird am Zielort nach Ankunft wieder ausgegeben.

Mittwoch, 9. Dezember 2009

R = P*S

Sicherheit ist das Antonym zu Risiko. Diese Aussage wird viel zu oft von "Sicherheitsexperten" ignoriert. Nun hat Dr. Ulrich Weber, Professor für Safety & Security Engineering an der Hochschule Furtwangen, einen unbedingt lesenswerten Artikel zum Risikobegriff veröffentlicht. Unter anderem stellt Prof. Weber die Fragen: "Wie viel ist ein Leben wert?" und: "Aber beim Menschenleben hört die Abwägung doch auf - oder?"

Menschenleben sind das Totschlagargument für jede Diskussion um Sicherheitsmaßnahmen. Totschlagargumente sind Scheinargumente, bloße Behauptungen oder Vorurteile, von denen man annehmen kann, dass die Mehrheit der Diskussionsteilnehmer entweder damit in der Bewertung übereinstimmt oder keinen Widerspruch wagt, da dies in der öffentlichen Meinung auf Ablehnung stößt. Mit dem Totschlagargument "Menschenleben" werden beispielsweise Fluggastkontrollen gerechtfertigt. Dabei wird vergessen, dass in anderen Bereichen Menschenleben durchaus bewertet werden. Lebensversicherer bewerten das Risiko des Ablebens und versichern dieses. Bei Schadensersatzforderungen wird auf Basis der durchschnittlichen Lebenserwartung berechnet, wie hoch das entgangene Einkommen ist, um diese Summe als Entschädigung den Hinterbliebenen zu zusprechen. In Großbritannien werden Vorsorgeuntersuchungsprogramme zur Verhinderung von tödlichen Erkrankungen nur in Kraft gesetzt , wenn das UK National Screening Committee (NSC) befindet, dass dieses Programm angemessen ist, also das die Kosten für die Vorsorge unter denen der Behandlungskosten bleibt. Müsste man nicht ebenso bei Sicherheitsmaßnahmen vorgehen?

Sonntag, 22. November 2009

Recht hat er!

Höhere Einstiegsbarrieren für private Sicherheitsdienstleister forderte Manfred Buhl, Vorsitzender der Geschäftsführung SECURITAS Deutschland und Vizepräsident des Bundesverbandes Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen (BDWS) anlässlich des Workshops "Private Sicherheitsdienstleister im europäischen Wettbewerb" in Berlin. Unter anderem forderte Buhl "den Nachweis einer abgeschlossenen Berufs- oder Hochschulausbildung im Wach- und Sicherheitsbereich,.." als Zulassungsvoraussetzung.

Schön das es mal jemand merkt, dass der Fisch immer am Kopf anfängt zu stinken. Selbst nach der teilweisen Abschaffung des Meisterzwangs (richtiger: Erfordernis des großen Befähigungsnachweises) im Handwerk geht bei den Schornsteinfegern, Augenoptikern oder Zahntechnikern kein Weg am Meisterbrief vorbei. Weil es darum geht: „Gefahren für die Gesundheit oder das Leben Dritter“ abzuwehren. Um ein Sicherheitsunternehmen zu gründen bedarf es nur des 80-stündigen Unterrichtungsverfahren bei der IHK.

Montag, 16. November 2009

Evaluation

Prof. Dr. Beelmann von der Universität Jena hat anlässlich des 15. Berliner Präventionstag einen Vortrag über die Evaluation von Programmen zur Kriminalitätsprävention gehalten. Dabei hatte er ein historisches Beispiel für eine Evaluation:
„Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte; und siehe da, es war sehr gut“ (1. Moses, 1,31).

Wie jedoch Prof. Beelmann betonte, hat diese Evaluation vier fundamentale Probleme:

1. Es ist eine relativ undifferenzierte und semantisch unklare Bewertung. Was ist "sehr gut"?
2. Es fehlt ein Vergleichsmaßstab. War das was ER gemacht hat im Vergleich zu einer anderen Welt besser oder hat gar ein anderer Gott eine vergleichbare Welt geschaffen?
3. Es gibt keine weitere Informationsquelle, die die Aussage bestätigen kann.
4. Der Programmentwickler ist auch gleichzeitig der Evaluator und somit gibt es eine enge Verflechtung zwischen Interesse und Erkenntnis.

Genau die gleichen Problematiken gibt es bei vielen Qualitätsprogrammen im Wach- und Sicherheitsgewerbe. Das beginnt damit, dass in fast allen Fällen Dienstanweisungen vom Auftragnehmer erstellt werden. Seit wann wählt denn das Vieh den Schlachter aus? Auch werden noch viel zu oft Qualitäts- und Sicherheitsstandards vom Sicherheitsdienstleister selbst definiert und womöglich noch durch eigenes Personal evaluiert. Wenn es der Branche ernst ist mit der Idee von "langfristigen und nachhaltigen Konzepten" (s. Beitrag vom 4. November) bedarf es auch bei der Evaluierung einer radikalen Umkehr.

Mittwoch, 4. November 2009

Langfristige und nachhaltige Konzepte

Andreas Brink, Geschäftsführer der Vollmergruppe-Dienstleistung, fordert in einem Gastkommentar bei sicherheit.info die "Unternehmensverantwortlichen der Dienstleistungsbranche [auf], schnellstmöglich wieder langfristigen und nachhaltigen Konzepten den Vorzug geben. " Das ist allerdings nichts Neues. Bereits Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts hat Franz Xaver Königseder festgestellt, dass die einfachste aber dümmste Möglichkeit Preisreduktionen für den Kunden zu generieren die über die Personalkosten ist. Königseder war dann irgendwann Chef von Krupp Sicherheit und der Markteintritt des Industrieunternehmens Kruppp in den tertiären Sektor wurde 1994 von Jürgen Glavic, damals Chef des Marktführers Raab Karcher Sicherheit begrüßt, denn er hoffte, dass "schwarze Schafe, die eher durch Preisunterbietungen und schlechtes Angebot das Image der Branche schädigen" durch die die Engagements von Krupp & Co. vom Markt verschwinden. Wie wir heute wissen, finden wir weder RKS noch Krupp Sicherheit im Branchenverzeichnis.

Insofern stellt sich die Frage, in wie weit der Ruf nach "langfristigen und nachhaltigen Konzepten" reicht, ohne hinreichend zu beschreiben, wie diese Konzepte inhaltlich gestaltet werden (sollen). Den Sicherheitsdienstleistern ist es in der Regel in den letzten 20 Jahren nicht geglückt, Alleinstellungsmerkmale zu entwickeln. Bei einem augenscheinlich gleichen Produkt entscheidet aber letztendlich der Preis. Den niedrigsten Preis kann derjenige verlangen, der den niedrigsten Einstandspreis hat. Die zwischenzeitlich reflexartig wiederholte Forderung nach einem Mindestlohn ist auch nicht die Lösung, garantiert diese doch lediglich für alle das gleiche niedrige Lohnniveau.

Vielleicht wäre ein Weg nicht mehr nur Wachmannstunden zu verkaufen sondern Sicherheit zu produzieren. Und wenn man als Dienstleister nicht in der Lage ist unter einem gewissen Preis zu produzieren schlicht und ergreifend nicht anzubieten. Die Folgen sind von John Roskin (nicht nur) in diesem Zusammenhang oft genug zitiert worden. Verzicht des Anbieters nicht nur als Lippenbekenntnis sondern als gelebte Unternehmenskultur. Und hier irrt Brink, wenn er schreibt: "Den Einkaufsabteilungen unserer Auftraggeber darf man letztendlich keinen Vorwurf machen, wenn sie diese Entwicklung entsprechend ausnutzen." Denn man kann ihnen den Vorwurf machen, den Preis über alles Andere zu stellen. Das es anders geht haben die Geld- und Wertdienstleister vorgemacht. Securitas, WIS, GuW, sie alle haben verzichtet. Das Ende der Geschichte ist sattsam bekannt. Die Kunden haben Millionenverluste erlitten und sind einzig allein daran schuld.

Montag, 2. November 2009

Foie Gras oder Semtex?

Normaler Weise ist es ja umgekehrt. Nämlich das Laien unreflektiert Maßnahmen als richtig akzeptieren wenn Experten diese als notwendig bezeichnen. Ab und zu ist es anders. Bereits Anfang 2008 haben Mediziner im British Medical Journal (BMJ) die Sinnhaftigkeit der Fluggastkontrollen hinterfragt. Nun kommt der Journalist Robert Lücke von der Financial Times Deutschland (FTD) zu ähnlichen Schlussfolgerungen - weil er das Essen im Flugzeug für "notorisch schlecht" hält:

Als autark speisender Passagier ist Ihr größtes Problem die Flugsicherheit. Auch wenn deren Bestimmungen und Gesetze mitunter kein normaler Mensch nachvollziehen kann: Skateboards, Angeln und mehr als eine Zahnpastatube sind verboten - aber im Laden hinter der Kontrolle darf man Glasflaschen kaufen. Was ist gefährlicher? Eine Attacke auf den Piloten mit einer Angel? Oder mit einer abgebrochenen Ginflasche?

Zum Glück dürfen Sie immerhin feste Nahrung mit an Bord nehmen. Am besten verstaut man diese ganz altmodisch in einer Tupperdose. Die ist zwar nicht besonders ansehnlich, aber für diesen Zweck durchaus nützlich. Schämen müssen Sie sich nicht, denn Glubschaugen bekommen sowieso alle neidischen Mitreisenden spätestens dann, wenn Ihr persönliches Bordmenü ausgepackt auf dem Klapptisch liegt: etwa ein paar Scheiben graved Lachs, dazu ein Minidöschen Kräutersoße.

Obacht: Letzteres darf nicht mehr fassen als 100 Milliliter und muss in einer durchsichtigen Tüte stecken, genau wie Ihr Nasenspray und Ihr Mundwasser. Möglich wäre übrigens auch ein Scheibchen Gänseleberpastete. Zu viel davon sollten Sie aber nicht mitnehmen - am Ende halten die Kollegen bei der Gepäckdurchleuchtung Ihre Foie gras für Semtex oder Schlimmeres.

Dienstag, 27. Oktober 2009

Zertifizierte Sachverständige

Wenn der Industrieverband Tore Türen Zargen (ttz) in einer Pressemitteilung verkündet, dass dort "die erste zertifizierte Sachkundigen-Schulung zur Prüfung/Wartung von Brand- und Rauchschutzabschlüssen" stattfand, könnte das beim geneigten Leser zur Schlussfolgerung führen, dass es nun zertifizierte Sachverständige zur Prüfung/Wartung von Brand- und Rauchschutzabschlüssen gibt. So einfach ist es aber nicht. Denn Zertifikate kann jeder ausstellen.

In Deutschland ist die Bezeichnung Sachverständiger nicht geschützt. So wie sich jeder Dozent, Betriebswirt oder Jurist nennen darf, ist die Bezeichnung nur dann untersagt, wenn der „Sachverständige“ nicht gegen die Regeln gegen den unlauteren Wettbewerb verstößt. Das wäre immer dann der Fall, wenn er beispielsweise die Bezeichnung irreführend verwendet. Im Allgemeinen wird in der Rechtsprechung davon ausgegangen, dass jemand dann sachverständig ist, wenn er eine entsprechende Fachausbildung, sowie mehrjährige fachbezogene Berufspraxis nachweisen kann (und nicht lediglich ein anderthalbtägiges Seminar besucht hat). Unabhängig davon, dass sich jeder, der den Nachweis der besonderen Sachkunde erbringen kann Sachverständiger nennen darf (sogenannte „freie Sachverständige“) gibt es eine Reihe von Institutionen die diese besondere Sachkunde bestätigen. Dazu gehören akkreditiere Zertifizierer, die die Sachkunde nach der ISO 17024 attestieren. Akkreditiert ist der Industrieverband Tore Türen Zargen allerdings nicht. Somit haben die Teilnehmer der Schulung zwar ein Zertifikat über die Teilnahme bekommen, zertifizierte Sachverständige im Sinne der ISO 17024 sind sie nicht und somit der Gruppe der "freien Sachverständigen" zu zuordnen. Überhaupt gibt es nur wenige Bereiche in denen es EU-zertifizierte Sachverständige gibt; Security und Safety gehören nicht dazu.

Ansonsten sind es die Kammern (Handwerks-, Landwirtschafts-, Industrie- und Handels- oder Architektenkammern), die als Körperschaften des öffentlichen Rechts Sachverständige öffentlich bestellen können. Nur wer öffentlich bestellte Sachverständige beauftragt, erhält Sicherheit für unternehmerische, gerichtliche und private Entscheidungen. Genau diese Tatsache hat den deutschen Gesetzgeber bewogen, die öffentliche Bestellung einzuführen. Dass der Staat die besondere Qualifikation dieser Sachverständigen und die besondere Qualität ihrer Dienstleistung anerkennt, erleichtert Unternehmen, Gerichten und Verbrauchern die Auswahl von Sachverständigen und garantiert, dass das Gutachten hohen Anforderungen gerecht wird.

Freitag, 23. Oktober 2009

Der BGH und Compliance

Der Bundesgerichtshof hat ein in mehrfacher Hinsicht für das Sicherheitsmanagement interessantes Urteil gesprochen (5 StR 394/ 08). Unter anderem äußert sich das Gericht zu den Themen Garantenstellung und definiert die Aufgaben eines Compliance Officers:

... Maßgebend für die Begründung einer Garantenstellung ist vielmehr die tatsächliche Übernahme des Pflichtenkreises.

Allerdings begründet nicht jede Übertragung von Pflichten auch eine Garantenstellung im strafrechtlichen Sinne. Hinzutreten muss regelmäßig ein besonderes Vertrauensverhältnis, das den Übertragenden gerade dazu veranlasst, dem Verpflichteten besondere Schutzpflichten zu überantworten. Ein bloßer Austauschvertrag genügt hier ebenso wenig wie ein Arbeitsverhältnis ...

... Eine solche, neuerdings in Großunternehmen als "Compliance" bezeichnete Ausrichtung, wird im Wirtschaftsleben mittlerweile dadurch umgesetzt, dass so genannte "Compliance Officers" geschaffen werden. Deren Aufgabengebiet ist die Verhinderung von Rechtsverstößen, insbesondere auch von Straftaten, die aus dem Unternehmen heraus begangen werden und diesem erhebliche Nachteile durch Haftungsrisiken oder Ansehensverlust bringen können. Derartige Beauftragte wird regelmäßig strafrechtlich eine Garantenpflicht im Sinne des § 13 Abs. 1 StGB treffen, solche im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Unternehmens stehende Straftaten von Unternehmensangehörigen zu verhindern. Dies ist die notwendige Kehrseite ihrer gegenüber der Unternehmensleitung übernommenen Pflicht, Rechtsverstöße und insbesondere Straftaten zu unterbinden...

Montag, 19. Oktober 2009

Beschluss des Landtages Brandenburg

Der Landtag Brandenburg hat in seiner 88. Sitzung am 2. Juli 2009 folgenden Beschluss gefasst:
"Der Landtag fordert das Land und die Kommunen auf, Ausschreibungen für das Wach- und Sicherheitsgewerbe auf der Grundlage der gültigen allgemein verbindlichen Tarifverträge sowie künftig nur noch nach den branchenüblichen Qualifikationsanforderungen vorzunehmen. Dabei sind unter anderem die folgenden Kriterien zu beachten: Das Personal wird durch Aus- und Fortbildungsmaßnahmen regelmäßig qualifiziert. Die Anforderungen an Bekleidung, Technik und Ausrüstung werden gewährleistet. Der Nachweis der in der entsprechenden DIN-Vorschrift festgehaltenen Anforderungen an die Liquidität und an die Gewerbepraxis eines Unternehmens wird geführt."

Quelle: Landtag Brandenburg

Zertifizierung nach DIN 77 200 ist kein Qualitätsmerkmal für Geld- und Wertdienste

„Die DIN 77 200 Sicherungsdienstleistungen – Anforderungen ist völlig ungeeignet, die Qualität von Geld- und Wertdienstleistungen zu beurteilen“, darauf wies Dr. Harald Olschok, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste (BDGW), hin.

Die DIN 77200 stelle auf einzelne Dienstleistung und nicht auf das ganze Unternehmen ab. Auftraggeber könnten sie als Arbeitsgrundlage für Ausschreibungen nutzen. Deshalb werde an vielen Stellen der Norm ausgeführt „… wenn vom Auftraggeber gefordert“ bzw. „auf Anforderung des Auftraggebers“. „Damit“, so Olschok, „steht eindeutig fest, dass die Blickrichtung der DIN 77 200 auf eine konkrete Sicherungsdienstleistung und nicht pauschal auf das Unternehmen ausgerichtet ist, das diese Dienstleistung anbietet.“

Deshalb könne diese Norm seriöser weise auch nicht als Grundlage für eine Zertifizierung herangezogen werden. Die Vorlage einer Urkunde über eine Zertifizierung nach der DIN 77 200 als angeblichem Leistungsfähigkeitsnachweis des Unternehmens widerspreche Wesen und Inhalt der Norm. „Wenn eine Zertifizierung sinnvoll ist“, so Olschok weiter, „dann nur die bezogen auf einen einzelnen Auftrags“. Wer auf eine Zertifizierung abstelle, habe offensichtlich den Normtext der DIN 77 200 nicht gelesen. In ihrer Fassung vom Mai 2008 heißt es im Abschnitt 1 zum Anwendungsbereich: „Der Anwendungszweck dieser Norm ist es nicht, Grundlage für Konformitätsbewertung zu sein“. Damit mache das Deutsche Institut für Normung (DIN) als Herausgeber deutlich, dass diese Norm keine Zertifizierungsgrundlage sein könne.

Dies gelte insbesondere für Geld- und Wertdienste. Obwohl es in der erstmals veröffentlichten DIN 77 200 einen Abschnitt 9 „Geld- und Wertdienste“ gab, ging dieser lediglich auf allgemeine Anforderungen, Legitimation, Dokumentation, Durchführung, Personal und Technik ein. Bei ihrer Neufassung im Mai 2008 wurde auf diesen Abschnitt verzichtet. Stattdessen heißt es dort nun: „Als dieser Norm entsprechend gelten solche Geld- und Wertdienstleistungen, die mindestens die Anforderungen in personeller, organisatorischer und sachlicher Hinsicht gemäß einschlägiger Richtlinien der Sicherheitswirtschaft erfüllen, z. B. Sicherheitsvorschriften der Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste.“

„Damit unterstreicht der Normgeber die Vertrauenswürdigkeit unserer Sicherheitsvorschriften sowie der Prüfsäulen 1 und 2“, so Olschok. Diese Vorschriften wurden gemeinsam von jahrzehntelang tätigen Sicherheitsbeauftragten, Vertretern der Sachversicherer und Berufsgenossenschaft sowie Kundenverbänden erarbeitet. Sicherheitsprofis und keine „angelernte Zertifizierer“ prüften die Einhaltung der Vorschriften. Bescheinigen könne man schließlich alles. „Doch jeder Kunde muss sich bei komplexen und vertrauensvollen Dienstleistungen, wie Geld- und Wertdienstleistungen, überlegen, welchen Wert die Urkunde einer Zertifizierungsstelle hat, die über keinerlei Erfahrungen und Kompetenzen in diesem Bereich verfügt,“ so Olschok abschließend.

Quelle: BDGW

Zertifizierung nach DIN 77200?

Es ist schon erstaunlich mit welcher Chuzpe sowohl der VdS als auch Securlog eine Zertifizierung nach der DIN 77200 als Qualitätsmerkmal darstellen.

Die DIN 77200 war schon seit der Erstveröffentlichung nie als Grundlage für eine Zertifizierung gedacht und mit der Überarbeitung im Jahr 2008 wurde sogar explizit bestimmt, dass die Norm "keine Grundlage für irgendwelche Zertifizierungen bilden darf" (vergl.: DSD 2/2008 S. 12). Denn eine Zertifizierung - die regelmäßig über mehrere Jahre erteilt wird - macht keinen Sinn.

Das lässt sich an einem Beispiel dokumentieren: Die DIN 77200 verlangt unter anderem, dass für das Personal ein ärztliches Tauglichkeitszeugnis für den Einsatz im Geld- und Wertdienst vorliegen muss. Securlog beschäftigt laut eigenen Angaben bundesweit rund 3.600 Mitarbeiter. Bei einer unterstellten Fluktuation von 5 Prozent und einemZertifizierungszeitraum von drei Jahren gibt es nichts was die Konformität der Einhaltung der Tauglichkeitsuntersuchung für diese über 500 Mitarbeiter bestätigt! Das Gleiche gilt für die Haftpflichtversicherung des zertifizierten Unternehmens, diese müsste für mindestens die Dauer des Zertifikats gelten.

Auch das vorgeschriebene vierteljährige Schießtraining müsste mindestens vierteljährig durch den Zertifizierer (in diesem Fall also dem VdS) kontrolliert werden (wobei sich hier zusätzlich die Frage stellt, ob der Auditor die Kompetenz hat, beispielsweise eine "realitätsnahe Schießausbildung" zu bewerten). Und wer haftet eigentlich bei einem Schadenseintritt durch Nichteinhaltung der Norm - trotz vorhandenem Zertifikat?

Fazit: Eine Zertifizierung nach DIN 77200 kann und soll es eigentlich nicht geben. Die dafür notwendige Auditierung wäre immer nur eine räumlich begrenzte Momentaufnahme. Und niemand glaubt ernsthaft, dass bei einer Auditierung das Vorliegen von 3.600 ärztlichen Attesten geprüft wird. Bei der DIN ISO 9000ff. ist das nicht anders. Aber die DIN ISO 9000ff. prüft nur, ob ein Qualitätsmanagementsystem vorhanden ist, nicht ob es tatsächlich umgesetzt wird. Genau diese Problematik wollte die Mehrzahl der Mitglieder des Normungsauschuss' zur DIN 77200 lösen. Und deshalb ist eine Zertifizierung nach DIN 77200 - freundlich ausgedrückt - Augenwischerei gegenüber dem Kunden.

Um die DIN 77200 als QM-Werkzeug einzusetzen gibt es nur einen Weg: Der Kunde schreibt die gewünschte Dienstleistung gemäß DIN 77200 aus und vereinbart mit dem Dienstleister die Einhaltung selbiger. Wird dann bei einer routinemäßigen oder ad-hoc Überprüfung der Konformität festgestellt, dass einzelne Bestandteile der Norm nicht eingehalten wurden, greifen die vorher vertraglich vereinbarten Sanktionen. Wie diese Konformitätsüberprüfung gemacht werden lässt sich sicherlich diskutieren,Teams aus Auftraggeber oder Auftragnehmer sind genauso denkbar wie die Begutachtung durch externe, ausreichend fachkundige Personen.

Quelle: Sicherheit.info

Alexander B. Krause zum Sachverständigen bestellt

Die Industrie- und Handelskammer Hannover hat am 4. Mai 2009 Alexander B. Krause (47) zum Sachverständigen für Personen- und Objektschutz öffentlich bestellt und vereidigt.

Sachverständige haben die Aufgabe, unparteiisch, unabhängig und objektiv den vom jeweiligen Auftraggeber vorgegebenen Sachverhalt fachlich zu beurteilen oder zu bewerten, so dass das Gutachtenergebnis von jedermann, dem das Gutachten vorgelegt wird, akzeptiert werden kann. Der Sachverständige muss also glaubhaft und vertrauenswürdig sein. Aufgabengebiete ergeben sich beispielsweise aus Konformitätsüberprüfungen zur DIN 77200 oder als Schiedsgutachter. Sachverständige werden nur dann öffentlich bestellt, wenn sie zuvor ihre besondere Sachkunde nachweisen und keine Bedenken gegen ihre persönliche Integrität bestehen.

Alexander B. Krause hat seine besondere Sachkunde u.a. durch seine über 25-jährige Tätigkeit im Sicherheitsbereich nachgewiesen; er hat außerdem Berufsabschlüsse als Kaufmann und als Fachkraft für Schutz und Sicherheit und an der University of Leicester, England, ein Studium zum Master of Science in Security and Risk Management erfolgreich absolviert. Darüberhinaus ist er einer der wenigen deutschen Certified Protection Professionals der ASIS International.

Quelle: Sicherheit.info