Freitag, 29. Januar 2010

Wes' Brot ich ess', des' Lied ich sing

Die gute Nachricht vorweg: Der bei Securlog als Pressekontakt angegebene Patrik von Glasow gibt in seinem Profil bei Xing an, dass er 12 Jahre Berufserfahrung in der Krisenkommunikation hat. Das ist gut, denn nachdem Securlog erneut mit großem Tamtam seine Zertifizierung nach der DIN 77 200 bewirbt wird die eine oder andere Krise ausbrechen, spätestens dann, wenn der eine oder andere Kunde die tatsächliche Einhaltung (und damit die Vertragskonformität) der Norm prüfen lässt.

Und nun zum Brot. Auf der Seite des VdS kann sich jedermann die Gebührentabelle [PDF] zur Zertifizierung nach der DIN 77200 herunterladen. Allerdings scheinen die Kunden des VdS nicht ganz so unkritisch zu sein, denn der VdS sieht sich zu folgender Erklärung genötigt:

Eine weitere Änderung die bei den Beschaffern von Sicherungsdienstleistungen zu einiger Verwirrung führt, ist die Aussage in der DIN 77200, dass der Anwendungszweck dieser Norm nicht darin besteht, Grundlage für Konformitätsbewertung zu sein. Mit dieser Formulierung wird nochmals deutlich gemacht, dass die Norm zur Vergabe von Sicherungsdienstleistungen durch öffentliche und private Auftraggeber angewendet werden soll

Ja, eben. Weil es vollkommen sinnlos ist die DIN 77200 zu zertifizieren. Was nutzt es, wenn ein akkreditierter Zertifizierer einem Schraubenfabrikanten bestätigt, dass seine Schlossschrauben (DIN 603) ein metrisches Gewinde mit 60° Flankenwinkel haben und der Azubi die Maschine verstellt und eine Tagesproduktion Schlossschrauben mit Witworth-Gewinde (55° Flankenwinkel) an die Kunden geliefert wird?

Das hält den VdS aber nicht davon ab trotzdem zu Zertifizieren. Zu groß scheinen die Begehrlichkeiten. Allerdings gab es in der Vergangenheit Stimmen (nicht nur meine), die eine Zertifizierung nach der DIN 77200 als ohne Rechtsgrundlage beschrieben. Um die anhaltende Kritik ein für allemal vom Tisch zu wischen versteigt man sich daher in die hohe Kunst der Rabulistik:

In der DIN 77200 ist und kann auch nicht das Zertifizierungsverfahren für Sicherungsdienstleistungen geregelt sein. Dies ist nicht die Aufgabe einer Norm, die zur Standardisierung von Dienstleistungen unter Berücksichtigung der Vergleichbarkeit und des Wettbewerbs zu gleichen Bedingungen erarbeitet wurde. Für die Zertifizierung bieten Normen wie die DIN 77200 die Prüfgrundlage.

In Berlin nennt man so was von hinten durch die Brust ins Auge. Die DIN 77200 regelt nicht die Zertifizierung ist aber Grundlage für die Zertifizierung. Wie jetzt?

Meine Zweifel an der fachlichen Qualifikation seiner Mitarbeiter hat der VdS auch aufgegriffen und statuiert nunmehr, dass:

Mit der Akkreditierungsurkunde [dem] VdS ... die technische und fachliche Kompetenz der Mitarbeiter sowie die erforderliche Unabhängigkeit und Zuverlässigkeit der Organisation zur objektiven Bewertung der Normkonformität für die Zertifizierung nach DIN 77200 bescheinigt [wurde].

Das erinnert mich an die Mustersachverständigenordnung des DIHK, Sachverständiger kann nur werden wer:
überdurchschnittliche Fachkenntnisse, praktische Erfahrungen und die Fähigkeit, ... Gutachten zu erstatten ... nachweist.

Einen Unterschied gibt es dann doch: Sowohl die Zivilprozessordnung (§404) als auch die Strafprozessordnung (§73) erwähnen weder den VdS noch eine Akkreditierung oder Zertifizierung.

Birgit Breuel formulierte es einmal so: Wenn man in die falsche Richtung läuft, hat es keinen Zweck, das Tempo zu erhöhen.

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