Dienstag, 27. Oktober 2009

Zertifizierte Sachverständige

Wenn der Industrieverband Tore Türen Zargen (ttz) in einer Pressemitteilung verkündet, dass dort "die erste zertifizierte Sachkundigen-Schulung zur Prüfung/Wartung von Brand- und Rauchschutzabschlüssen" stattfand, könnte das beim geneigten Leser zur Schlussfolgerung führen, dass es nun zertifizierte Sachverständige zur Prüfung/Wartung von Brand- und Rauchschutzabschlüssen gibt. So einfach ist es aber nicht. Denn Zertifikate kann jeder ausstellen.

In Deutschland ist die Bezeichnung Sachverständiger nicht geschützt. So wie sich jeder Dozent, Betriebswirt oder Jurist nennen darf, ist die Bezeichnung nur dann untersagt, wenn der „Sachverständige“ nicht gegen die Regeln gegen den unlauteren Wettbewerb verstößt. Das wäre immer dann der Fall, wenn er beispielsweise die Bezeichnung irreführend verwendet. Im Allgemeinen wird in der Rechtsprechung davon ausgegangen, dass jemand dann sachverständig ist, wenn er eine entsprechende Fachausbildung, sowie mehrjährige fachbezogene Berufspraxis nachweisen kann (und nicht lediglich ein anderthalbtägiges Seminar besucht hat). Unabhängig davon, dass sich jeder, der den Nachweis der besonderen Sachkunde erbringen kann Sachverständiger nennen darf (sogenannte „freie Sachverständige“) gibt es eine Reihe von Institutionen die diese besondere Sachkunde bestätigen. Dazu gehören akkreditiere Zertifizierer, die die Sachkunde nach der ISO 17024 attestieren. Akkreditiert ist der Industrieverband Tore Türen Zargen allerdings nicht. Somit haben die Teilnehmer der Schulung zwar ein Zertifikat über die Teilnahme bekommen, zertifizierte Sachverständige im Sinne der ISO 17024 sind sie nicht und somit der Gruppe der "freien Sachverständigen" zu zuordnen. Überhaupt gibt es nur wenige Bereiche in denen es EU-zertifizierte Sachverständige gibt; Security und Safety gehören nicht dazu.

Ansonsten sind es die Kammern (Handwerks-, Landwirtschafts-, Industrie- und Handels- oder Architektenkammern), die als Körperschaften des öffentlichen Rechts Sachverständige öffentlich bestellen können. Nur wer öffentlich bestellte Sachverständige beauftragt, erhält Sicherheit für unternehmerische, gerichtliche und private Entscheidungen. Genau diese Tatsache hat den deutschen Gesetzgeber bewogen, die öffentliche Bestellung einzuführen. Dass der Staat die besondere Qualifikation dieser Sachverständigen und die besondere Qualität ihrer Dienstleistung anerkennt, erleichtert Unternehmen, Gerichten und Verbrauchern die Auswahl von Sachverständigen und garantiert, dass das Gutachten hohen Anforderungen gerecht wird.

Freitag, 23. Oktober 2009

Der BGH und Compliance

Der Bundesgerichtshof hat ein in mehrfacher Hinsicht für das Sicherheitsmanagement interessantes Urteil gesprochen (5 StR 394/ 08). Unter anderem äußert sich das Gericht zu den Themen Garantenstellung und definiert die Aufgaben eines Compliance Officers:

... Maßgebend für die Begründung einer Garantenstellung ist vielmehr die tatsächliche Übernahme des Pflichtenkreises.

Allerdings begründet nicht jede Übertragung von Pflichten auch eine Garantenstellung im strafrechtlichen Sinne. Hinzutreten muss regelmäßig ein besonderes Vertrauensverhältnis, das den Übertragenden gerade dazu veranlasst, dem Verpflichteten besondere Schutzpflichten zu überantworten. Ein bloßer Austauschvertrag genügt hier ebenso wenig wie ein Arbeitsverhältnis ...

... Eine solche, neuerdings in Großunternehmen als "Compliance" bezeichnete Ausrichtung, wird im Wirtschaftsleben mittlerweile dadurch umgesetzt, dass so genannte "Compliance Officers" geschaffen werden. Deren Aufgabengebiet ist die Verhinderung von Rechtsverstößen, insbesondere auch von Straftaten, die aus dem Unternehmen heraus begangen werden und diesem erhebliche Nachteile durch Haftungsrisiken oder Ansehensverlust bringen können. Derartige Beauftragte wird regelmäßig strafrechtlich eine Garantenpflicht im Sinne des § 13 Abs. 1 StGB treffen, solche im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Unternehmens stehende Straftaten von Unternehmensangehörigen zu verhindern. Dies ist die notwendige Kehrseite ihrer gegenüber der Unternehmensleitung übernommenen Pflicht, Rechtsverstöße und insbesondere Straftaten zu unterbinden...

Montag, 19. Oktober 2009

Beschluss des Landtages Brandenburg

Der Landtag Brandenburg hat in seiner 88. Sitzung am 2. Juli 2009 folgenden Beschluss gefasst:
"Der Landtag fordert das Land und die Kommunen auf, Ausschreibungen für das Wach- und Sicherheitsgewerbe auf der Grundlage der gültigen allgemein verbindlichen Tarifverträge sowie künftig nur noch nach den branchenüblichen Qualifikationsanforderungen vorzunehmen. Dabei sind unter anderem die folgenden Kriterien zu beachten: Das Personal wird durch Aus- und Fortbildungsmaßnahmen regelmäßig qualifiziert. Die Anforderungen an Bekleidung, Technik und Ausrüstung werden gewährleistet. Der Nachweis der in der entsprechenden DIN-Vorschrift festgehaltenen Anforderungen an die Liquidität und an die Gewerbepraxis eines Unternehmens wird geführt."

Quelle: Landtag Brandenburg

Zertifizierung nach DIN 77 200 ist kein Qualitätsmerkmal für Geld- und Wertdienste

„Die DIN 77 200 Sicherungsdienstleistungen – Anforderungen ist völlig ungeeignet, die Qualität von Geld- und Wertdienstleistungen zu beurteilen“, darauf wies Dr. Harald Olschok, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste (BDGW), hin.

Die DIN 77200 stelle auf einzelne Dienstleistung und nicht auf das ganze Unternehmen ab. Auftraggeber könnten sie als Arbeitsgrundlage für Ausschreibungen nutzen. Deshalb werde an vielen Stellen der Norm ausgeführt „… wenn vom Auftraggeber gefordert“ bzw. „auf Anforderung des Auftraggebers“. „Damit“, so Olschok, „steht eindeutig fest, dass die Blickrichtung der DIN 77 200 auf eine konkrete Sicherungsdienstleistung und nicht pauschal auf das Unternehmen ausgerichtet ist, das diese Dienstleistung anbietet.“

Deshalb könne diese Norm seriöser weise auch nicht als Grundlage für eine Zertifizierung herangezogen werden. Die Vorlage einer Urkunde über eine Zertifizierung nach der DIN 77 200 als angeblichem Leistungsfähigkeitsnachweis des Unternehmens widerspreche Wesen und Inhalt der Norm. „Wenn eine Zertifizierung sinnvoll ist“, so Olschok weiter, „dann nur die bezogen auf einen einzelnen Auftrags“. Wer auf eine Zertifizierung abstelle, habe offensichtlich den Normtext der DIN 77 200 nicht gelesen. In ihrer Fassung vom Mai 2008 heißt es im Abschnitt 1 zum Anwendungsbereich: „Der Anwendungszweck dieser Norm ist es nicht, Grundlage für Konformitätsbewertung zu sein“. Damit mache das Deutsche Institut für Normung (DIN) als Herausgeber deutlich, dass diese Norm keine Zertifizierungsgrundlage sein könne.

Dies gelte insbesondere für Geld- und Wertdienste. Obwohl es in der erstmals veröffentlichten DIN 77 200 einen Abschnitt 9 „Geld- und Wertdienste“ gab, ging dieser lediglich auf allgemeine Anforderungen, Legitimation, Dokumentation, Durchführung, Personal und Technik ein. Bei ihrer Neufassung im Mai 2008 wurde auf diesen Abschnitt verzichtet. Stattdessen heißt es dort nun: „Als dieser Norm entsprechend gelten solche Geld- und Wertdienstleistungen, die mindestens die Anforderungen in personeller, organisatorischer und sachlicher Hinsicht gemäß einschlägiger Richtlinien der Sicherheitswirtschaft erfüllen, z. B. Sicherheitsvorschriften der Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste.“

„Damit unterstreicht der Normgeber die Vertrauenswürdigkeit unserer Sicherheitsvorschriften sowie der Prüfsäulen 1 und 2“, so Olschok. Diese Vorschriften wurden gemeinsam von jahrzehntelang tätigen Sicherheitsbeauftragten, Vertretern der Sachversicherer und Berufsgenossenschaft sowie Kundenverbänden erarbeitet. Sicherheitsprofis und keine „angelernte Zertifizierer“ prüften die Einhaltung der Vorschriften. Bescheinigen könne man schließlich alles. „Doch jeder Kunde muss sich bei komplexen und vertrauensvollen Dienstleistungen, wie Geld- und Wertdienstleistungen, überlegen, welchen Wert die Urkunde einer Zertifizierungsstelle hat, die über keinerlei Erfahrungen und Kompetenzen in diesem Bereich verfügt,“ so Olschok abschließend.

Quelle: BDGW

Zertifizierung nach DIN 77200?

Es ist schon erstaunlich mit welcher Chuzpe sowohl der VdS als auch Securlog eine Zertifizierung nach der DIN 77200 als Qualitätsmerkmal darstellen.

Die DIN 77200 war schon seit der Erstveröffentlichung nie als Grundlage für eine Zertifizierung gedacht und mit der Überarbeitung im Jahr 2008 wurde sogar explizit bestimmt, dass die Norm "keine Grundlage für irgendwelche Zertifizierungen bilden darf" (vergl.: DSD 2/2008 S. 12). Denn eine Zertifizierung - die regelmäßig über mehrere Jahre erteilt wird - macht keinen Sinn.

Das lässt sich an einem Beispiel dokumentieren: Die DIN 77200 verlangt unter anderem, dass für das Personal ein ärztliches Tauglichkeitszeugnis für den Einsatz im Geld- und Wertdienst vorliegen muss. Securlog beschäftigt laut eigenen Angaben bundesweit rund 3.600 Mitarbeiter. Bei einer unterstellten Fluktuation von 5 Prozent und einemZertifizierungszeitraum von drei Jahren gibt es nichts was die Konformität der Einhaltung der Tauglichkeitsuntersuchung für diese über 500 Mitarbeiter bestätigt! Das Gleiche gilt für die Haftpflichtversicherung des zertifizierten Unternehmens, diese müsste für mindestens die Dauer des Zertifikats gelten.

Auch das vorgeschriebene vierteljährige Schießtraining müsste mindestens vierteljährig durch den Zertifizierer (in diesem Fall also dem VdS) kontrolliert werden (wobei sich hier zusätzlich die Frage stellt, ob der Auditor die Kompetenz hat, beispielsweise eine "realitätsnahe Schießausbildung" zu bewerten). Und wer haftet eigentlich bei einem Schadenseintritt durch Nichteinhaltung der Norm - trotz vorhandenem Zertifikat?

Fazit: Eine Zertifizierung nach DIN 77200 kann und soll es eigentlich nicht geben. Die dafür notwendige Auditierung wäre immer nur eine räumlich begrenzte Momentaufnahme. Und niemand glaubt ernsthaft, dass bei einer Auditierung das Vorliegen von 3.600 ärztlichen Attesten geprüft wird. Bei der DIN ISO 9000ff. ist das nicht anders. Aber die DIN ISO 9000ff. prüft nur, ob ein Qualitätsmanagementsystem vorhanden ist, nicht ob es tatsächlich umgesetzt wird. Genau diese Problematik wollte die Mehrzahl der Mitglieder des Normungsauschuss' zur DIN 77200 lösen. Und deshalb ist eine Zertifizierung nach DIN 77200 - freundlich ausgedrückt - Augenwischerei gegenüber dem Kunden.

Um die DIN 77200 als QM-Werkzeug einzusetzen gibt es nur einen Weg: Der Kunde schreibt die gewünschte Dienstleistung gemäß DIN 77200 aus und vereinbart mit dem Dienstleister die Einhaltung selbiger. Wird dann bei einer routinemäßigen oder ad-hoc Überprüfung der Konformität festgestellt, dass einzelne Bestandteile der Norm nicht eingehalten wurden, greifen die vorher vertraglich vereinbarten Sanktionen. Wie diese Konformitätsüberprüfung gemacht werden lässt sich sicherlich diskutieren,Teams aus Auftraggeber oder Auftragnehmer sind genauso denkbar wie die Begutachtung durch externe, ausreichend fachkundige Personen.

Quelle: Sicherheit.info

Alexander B. Krause zum Sachverständigen bestellt

Die Industrie- und Handelskammer Hannover hat am 4. Mai 2009 Alexander B. Krause (47) zum Sachverständigen für Personen- und Objektschutz öffentlich bestellt und vereidigt.

Sachverständige haben die Aufgabe, unparteiisch, unabhängig und objektiv den vom jeweiligen Auftraggeber vorgegebenen Sachverhalt fachlich zu beurteilen oder zu bewerten, so dass das Gutachtenergebnis von jedermann, dem das Gutachten vorgelegt wird, akzeptiert werden kann. Der Sachverständige muss also glaubhaft und vertrauenswürdig sein. Aufgabengebiete ergeben sich beispielsweise aus Konformitätsüberprüfungen zur DIN 77200 oder als Schiedsgutachter. Sachverständige werden nur dann öffentlich bestellt, wenn sie zuvor ihre besondere Sachkunde nachweisen und keine Bedenken gegen ihre persönliche Integrität bestehen.

Alexander B. Krause hat seine besondere Sachkunde u.a. durch seine über 25-jährige Tätigkeit im Sicherheitsbereich nachgewiesen; er hat außerdem Berufsabschlüsse als Kaufmann und als Fachkraft für Schutz und Sicherheit und an der University of Leicester, England, ein Studium zum Master of Science in Security and Risk Management erfolgreich absolviert. Darüberhinaus ist er einer der wenigen deutschen Certified Protection Professionals der ASIS International.

Quelle: Sicherheit.info